Wenn Häuser sprechen könnten ...

Halberstadt im Herbst 1989. Meine Vaterstadt, die schöne Stadt am Harz geheißen bis zum 8. April 1945, als der deutsche Krieg auch hierher kam. Die Zeiger der Martinikirche schmolzen auf 11.28 Uhr, als die Stadt zerstört wurde. Wo die Fachwerk-Altstadt nicht verbrannte, verkam sie in vierzig Jahren DDR. Der DDR-Staat ließ verfallen, schob zusammen, mauerte Gassen zu und klotzte Neubauten ins Revier. Statt eines Zentrums besaß unsere Stadt ein riesiges Nichts.

Die verfallende Altstadt zu sehen, tat weh. Einen Weg durch diesen Teil der Stadt nahm nur der, der im „Rest” noch ein Dach über dem Kopf hatte, aber sonst beim eiligen Gang kaum wahrnahm, wie unendlich traurig und leer es hier war. Ich weiß nicht mehr die eigentliche Ursache, aber plötzlich war sie da, die Idee: Du musst dieses alles dokumentieren. Nimm die Filmkamera! Amateurfilme werden gedreht von Reisen, von Hochzeiten, von Geburtstagen. Wer filmt wohl Ruinen?

Ich ging durch Alt-Halberstadt im Herbst 1989. Ich hatte kein eigentliches Ziel, schon gar kein Drehbuch...

Dr. Wolfgang Leonhardt in Martini 03/2014

 



„Verborgenes Denkmal“


„Die vergessene Schule“


„Wenn Häuser sprechen könnten“