Martini - das optimistische Halberstadt-Magazin

„Fleiß ist für mich alles"

Jennifer Breuste in drei Worten? Ehrgeiz, Organisationstalent und Bodenständigkeit. Die 37-Jährige, die in Groß Quenstedt lebt und in Halberstadt arbeitet, ist eine Macherin mit klaren Zielen und Durchhaltevermögen. Als Geschäftsführerin des K6 Seminarhotels jongliert sie mit Zahlen und Herausforderungen, zapft Bier und schmiedet Zukunftspläne – letztere übrigens gemeinsam mit ihrem Partner Jörg Gardzella aktuell für das Jagdschloss in den Spiegelsbergen.

Von Dana Toschner

Jennifer Breuste überlässt die Dinge ungern dem Zufall. Statt sich durchs Leben treiben zu lassen, hat sie lieber ein konkretes Ziel vor Augen, auf das sie hinarbeiten kann. „Für mich war klar: Mit 30 möchte ich ein Hotel leiten, mit 40 sollen es drei sein“, sagt sie lachend – wohlwissend, dass es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass sie den Plan noch umsetzen kann. 

Doch mit 37 kann sie durchaus stolz sein auf das, was sie erreicht hat: Als Geschäftsführerin und Mitinhaberin leitet sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, dem Architekten Jörg Gardzella, das K6 Seminarhotel, wobei er eher im Hintergrund agiert und sie die Fäden für den Hotelbetrieb in der Hand hält.  Sie pflegt Kontakte zu Firmen, die als Tagungsgäste in Frage kommen, schreibt Angebote, koordiniert die 36 Angestellten, hat die Buchungszahlen für Monate und Jahre im Voraus auf dem Schirm und ist manchmal bei einer Abendveranstaltung hinterm Tresen anzutreffen, wo sie Bier zapft und Wein einschenkt. „Ich mache das richtig gern, gehe sozusagen ,back to the roots’, weil ich dann den direkten Kontakt zum Team habe. Das bringt eine ganz andere Nähe, es entstehen andere Gespräche, man scherzt auf lockerere Weise miteinander, wenn man die Chefin-Mitarbeiter-Ebene für ein paar Stunden verlässt.“ Wenn Not am Mann sei, würde sie auch ein Zimmer reinigen und es für Gäste vorbereiten. „Das habe ich ja mal gelernt. Warum sollte ich mir jetzt als Geschäftsführerin zu fein dafür sein?“, fragt sie. Nur in der Küche sei sie nicht zu gebrauchen und offenbart: „Ich kann nicht kochen“.

Statt mit Pfannen jongliert sie eher mit Zahlen, denn sie trägt die Verantwortung dafür, dass der Umsatz am Monats- und Jahresende passt. Das K6 ist kein Selbstläufer und bereitet ihr immer mal wieder schlaflose Nächte. „Das ist für mich nicht irgendein Hotel. Leute, die mich gut kennen, sagen: Jenny ist das K6. Und das stimmt auch. Das K6 ist für mich Arbeit und Hobby zugleich. Ich fühle mich hier wohl.“ 

Dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Prioritäten anders setzen und nach acht Stunden pünktlich nach Hause wollen, könne sie verstehen. Nur für sich selbst habe sie eben eine andere Entscheidung getroffen. „Ich arbeite gern und viel. Ich will keine Hotelchefin sein, die einmal am Tag kurz kommt, meckert und wieder geht. Jeder erfolgreiche Gastronom wird bestätigen, dass es nur funktioniert, wenn er von morgens bis abends im Lokal ist“, sagt Jennifer Breuste. Diskussionen über die sogenannte Work-Life-Balance sind ihr fremd. „Ich kann damit nichts anfangen. Klar habe ich kaum ein Privatleben, aber ich sehe meine Arbeit nicht als lästige Pflicht, sondern als wichtigen und erfüllenden Teil meines Lebens. Wenn du dich für etwas entscheidest und Erfolg haben willst in dem, was du tust, musst du zu 100 Prozent dabei sein.“

Schon immer waren Ehrgeiz und Engagement ihr Motor. „Fleiß ist für mich alles, und ich habe mich nie gescheut, Verantwortung zu tragen. Ich war Schulsprecherin, saß im Landesschülerrat, wollte politisch mitreden und engagierte mich mit 23 im Landesvorstand der Grünen Jugend Sachsen-Anhalt.“ In ihren „wilden Jahren“ konnte es schon mal vorkommen, dass die Polizei eine Barrikade auflöste und sie mit aufs Revier nahm. Heute tagt nun manchmal die Gewerkschaft der Polizei in ihrem Hotel. „So ändern sich die Zeiten“, schmunzelt Jennifer Breuste.

Nicht geändert hat sich die Motivation für ihren Beruf. Als sie sich entschied, kein Abitur zu machen und stattdessen eine Ausbildung zur Hotelfachfrau in der Villa Heine zu beginnen, war ihr Antrieb schon derselbe wir heute: „Ich sorge gern dafür, dass es anderen Leuten gut geht und sie sich wohlfühlen“, sagt sie. Dass sie als Hotelfachfrau überall auf der Welt arbeiten könnte, fand sie reizvoll – doch es blieb Theorie. Nach einigen Berufsjahren in Hotels in Hannover und Goslar und einem kurzen Intermezzo an der Hochschule Harz im Studiengang Tourismusmanagement kehrte Jennifer Breuste 2009 nach Halberstadt zurück.

Hier in der Heimat, der Stadt ihrer Kindheit, fing sie zunächst an der Rezeption des Seminar- und Tagungshotels Spiegelsberge an, das als AOK-Bildungszentrum erbaut und 1996 eröffnet worden war. 2016 kauften Jörg Gardzella und sein Geschäftspartner Gert Schuber das Haus und begannen unter dem Namen K6 Seminarhotel mit der Neuausrichtung. „Sie sahen das Potenzial und waren bereit zu investieren, um das Haus zu modernisieren. Aber es brauchte Zeit, um herauszufinden, wofür wir stehen und um das K6 als Marke in Mitteldeutschland zu etablieren“, sagt Jennifer Breuste, die Stück für Stück mehr Verantwortung übernahm und seit 2020 Geschäftsführerin ist.

Wenn du Erfolg haben willst in dem, was du tust, musst du zu 100 Prozent dabei sein.

ls echte Herausforderung erwies sich die Akquise von Firmen und Institutionen, die hier am Stadtrand von Halberstadt ihre Tagungen und Workshops durchführen wollen, aber auch von Mannschaften und Vereinen, die Trainingslager und Sportcamps ausrichten – was sich durch die Nähe zum Friedensstadion, zu Sport- und Sea Land anbietet. Heute zählen die Deutsche Vermögensberatung (DVAG), Deichmann, der Deutsche Handballbund und nach wie vor auch die AOK zu den Gästen. Außerdem gibt es 16 barrierefreie Zimmer, die Gruppenreisen für Menschen mit Behinderungen möglich machen. 

Die Hotelzimmer sind vor allem unter der Woche gut gebucht, aber an den Wochenenden gibt es noch Luft nach oben. Jennifer Breuste freut sich, dass sich dies bald ändert. „Wir bauen gerade das Jagdschloss zur Eventlocation aus, die man exklusiv für Tagungen, Firmenfeiern, private Feste oder Hochzeiten mieten kann. Die Idee ist, dass die Leute oben im Schlösschen feiern und unten bei uns im Hotel übernachten.“ Eigentümer des Jagdschlosses sind Jörg Gardzella und Gert Schuber, betrieben wird das Haus vom K6.

Eine Verschnaufpause gibt es für Jenny Breuste also vorerst nicht. „Ich renne und renne, aber das darf auch so sein. Ich bin zufrieden und glücklich, wenn wir investieren und gestalten können, das Team sich wohl fühlt und alle gern zur Arbeit kommen. Für mich selbst wünsche ich mir eigentlich nur, dass ich genug Zeit und Geld habe, um einmal im Jahr mit meiner Mutter eine Woche in New York zu verbringen. Wir lieben diese Stadt!“ 

Während zu Hause die Koffer für die diesjährige Reise schon bereitstehen, spaziert sie über die Schlösschen-Baustelle und gibt zu, eigentlich „eine Schisshose“ zu sein und gar nicht wagemutig. Ihr Partner Jörg Gardzella bilde dazu das Gegengewicht. „Er traut sich, größer zu denken und große Summen zu investieren. Er sieht, was entstehen kann und nimmt mir die Angst, alles könnte wie ein Kartenhaus zusammenfallen. Es könnte nämlich auch ein Erfolg werden – und das wollen wir jetzt einfach mal hoffen.“