Halberstadt kauft das Grundstück des einstigen Klubhauses zurück. Der Stadtrat hat zugestimmt. Oberbürgermeister Daniel Szarata will „alle Optionen in der Hand haben“, für Theaterintendant Johannes Rieger ist es eine „vielversprechende Nachricht“, und für Projektentwickler Thomas Kowalski endet nach fast acht Jahren ein arbeitsreiches Kapitel, in dem er „Federn gelassen“ hat.
Von Mathias Kasuptke
Der erste Kontakt datiert aus dem Jahr 2017. Eine Mail von Wirtschaftsförderer Thomas Rimpler an Thomas Kowalski, Inhaber der Halberstädter Handwerker Union, brachte das Projekt ins Rollen. Rimpler wollte mit Kowalski über Kauf, Abriss und eine mögliche Neunutzung des Klubhaus-Geländes sprechen. Was damals mit einer kurzen Mail begann, endete nun mit dem Beschluss des Stadtrats, die Stadt solle das Areal des abgerissenen Klubhauses zurückzukaufen.
Klubhaus-Areal mit Kegelbahn (unten)
Thomas Kowalski investierte zwischenzeitlich gemeinsam mit Bastian Herbst fast acht Jahre Arbeit in das Projekt. An Plänen mangelte es in dieser Zeit nicht.
Das Klubhaus war Anfang der 1990er Jahre vom Landkreis an einen Investor verkauft worden. Die anfängliche Begeisterung über die Rettung des zu DDR-Zeiten beliebten Veranstaltungshauses wich schnell der Ernüchterung: Das Gebäude war für die neue Zeit zu groß und unwirtschaftlich. Eigentümer wechselten, Probleme blieben.
2002 folgte der Insolvenzantrag, 2009 das Ende des Verfahrens mangels Masse. Seitdem stand das Haus leer und wurde zu einem Lost Place. Je mehr Scheiben zerschlagen wurden, desto mehr Stimmen wurden laut, was man doch alles aus dem Haus hätte machen können. Nur umsetzen wollte es keiner.
Die Vereinigte Volksbank Halberstadt, die den Besitzern einst den Kredit zum Kauf des Hauses gewährte, gab die Immobilie später an eine sogenannte Badbank ab, die sich um derlei Problem-Kreditgeschäfte kümmerte. Eine Lösung fand die auch nicht.
Wirtschaftsförderer Rimpler stieß mit seiner Mail an Thomas Kowalski auf dessen Interesse. Seit Mitte 2018 verhandelte die Stadt Halberstadt deshalb mit der Gläubigerbank über den Kauf des Klubhauses, mit Aussicht auf Fördermittel für den Abriss.
Die Verhandlungen waren erfolgreich. Am Ende verkaufte die Stadt das Areal für einen kleinen fünfstelligen Betrag an die von Kowalski und Herbst gegründete Spiegel und Harmonie Projektentwicklungs GmbH weiter. Die erhielt 486.000 Euro Fördermittel vom Land für den Abriss.
Der Anfang war gemacht. Die Spiegel und Harmonie Projektentwicklungs GmbH kaufte weitere Flächen dazu. Neben dem leerstehenden Klubhaus kamen die Kegelhalle, ein Wohnhaus und ein ehemaliger Teppichmarkt an der Harmoniestraße sowie die Parkplatzflächen hinter dem Klubhaus und direkt vor dem angrenzenden Edeka-Markt hinzu. Insgesamt waren es am Ende 18.600 Quadratmeter.
Kostspieliger Abriss. Im Gebäude war schwachgebundener Asbest verbaut.
Erste Ideen sahen eine großflächige Bebauung vor. Veröffentlichte Pläne zeigten 2021 ein dreistöckiges Gebäude, das neben Wohnungen unter anderem einen Aldi- und einen Tedox-Markt beherbergen sollte. Die Verhandlungen liefen positiv, viele Gespräche wurden geführt, am Ende zerschlugen sich die Pläne dennoch.
Das Projekt stand unter keinem guten Stern. Schon der Abriss offenbarte ungeahnte Schwierigkeiten. Wie in vielen Gebäuden der 70er Jahre wurde auch im Klubhaus reichlich Asbest verbaut. „Damit hatten wir gerechnet. Aber im Klubhaus befand sich schwach gebundener Asbest“, erklärte Thomas Kowalski. Die Folgen für den Abriss waren gravierend. Die Ruine musste eingehaust werden, und die Arbeiter durften nur stundenweise unter Vollschutz arbeiten. Die Kosten für den Abriss explodierten. Am Ende standen 1,1 Millionen Euro zu Buche.
Wir haben Federn gelassen, aber das ist unternehmerisches Risiko.
Weitere Gründe, die das Projekt unrentabel machten, kamen hinzu – steigende Preise, Zinsen und Krisen spielten eine Rolle. „Alle Beteiligten waren interessiert, aber es ließ sich keine wirtschaftliche Lösung finden“, sagt Kowalski heute.
Schließlich brachte die Stadt selbst die Idee eines Rückkaufs ins Spiel. „Mein Ziel ist es, alle Optionen selbst in der Hand zu haben“, sagt Oberbürgermeister Daniel Szarata. Seine Motivation: „Wenn etwas schief läuft, muss ich sowie dafür den Kopf hinhalten. Dann möchte ich bitte auch dafür verantwortlich sein.“ Den Kaufpreis nennt er nicht. Eine sechsstellige Summe wird kolportiert.
Konkrete Pläne von Seiten der Stadt gibt es nicht. Eine multifunktionale Halle sei möglich, eine große Kombination aus Theater- und Konzertgebäude dagegen nicht. Der Oberbürgermeister verweist auf den Denkmalschutz des Theaters: „Wir müssen es erhalten, egal was wir auf dem Klubhaus-Gelände bauen.“
Denkbar sei eine Veranstaltungshalle mit Verbindungstrakt zum Theater für Verwaltung, Kammerbühne, Werkstätten und Probesäle. Die entsprächen nicht mehr den heutigen Standards. Es könne aber auch eine andere sinnvolle Nutzung sein. „Wir können jetzt eigene Ideen entwickeln“, betont Daniel Szarata.
Für Theaterintendant Johannes Rieger ist die Rückkaufabsicht eine „vielversprechende Nachricht“ und „eine Chance, über das Areal noch einmal neu nachzudenken.“
Überraschend kommt der Rückkauf nicht. Die Projektentwickler Kowalski und Herbst hatte zuvor schon angrenzende Flächen wieder verkauft. Der Supermarktkette Edeka aus Minden gehört nun ein Streifen von der Harmoniestraße bis zur O.d.F.-Straße. Zu den eigenen Plänen äußerte sich Edeka nicht. „Da wir uns derzeit in engen Abstimmungsprozessen mit der Stadt befinden, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Informationen zur Verfügung stelle“, heißt es von einer Unternehmenssprecherin.
Die Stadt kauft nun rund 8.600 Quadratmeter zurück, einschließlich Kegelhalle. Diese bleibt vorerst in Nutzung.
Für Thomas Kowalski endet das Kapitel ohne Groll. Ob er das Projekt bereue, könne er nicht sagen. „Wir haben Federn gelassen, aber das ist unternehmerisches Risiko.“